Freundeskreis Flüchtlinge in Riedstadt (von Maren Kobinger)
Sie kommen aus Somalia, dem Kosovo, Syrien, Pakistan und dem Iran. Sie alle haben eine Odyssee hinter sich. Sie alle haben ihre Geschichten mitgebracht. Es sind junge Männer und Frauen, die alleine gekommen sind, deren Familien noch in den Krisengebieten unserer Welt ausharren. Es sind ganze Familien mit kleinen Kindern und Teenagern, mit kranken Kindern. Es sind Mütter und Töchter.
Sie alle haben eines gemeinsam: Sie haben hier in Riedstadt eine vorübergehende neue Bleibe gefunden. Hier in Goddelau: in einer Gemeinschaftsunterkunft im Gewerbegebiet – und sie brauchen unsere Hilfe!
Zum Glück hat Pfarrer Bode aus Leeheim schon vor längerer Zeit den „Freundeskreis Flüchtlinge in Riedstadt“ ins Leben gerufen. Zum Glück platzte der Leeheimer Gemeindesaal damals aus allen Nähten. Das tat gut, zu sehen, dass es viele Menschen in Riedstadt gibt, die – so wie wir – helfen wollen –über alle Konfessions- und Parteigrenzen hinweg. Damals waren gerade einmal 11 Flüchtlinge in Leeheim angekommen.
Seit zwei Monaten leben nun auch in Goddelau Flüchtlinge aus aller Herren Länder mitten unter uns. Wir Goddelauer Helfer stürzten uns Anfang April mit viel Elan in unsere ehrenamtliche Arbeit. Von dieser Arbeit möchte ich nun erzählen.
Noch ein Hinweis vorab:
Alle Fotos entstanden an einem wunderschönen Nachmittag zum Aufatmen, zu dem die „Naturfreunde Groß-Gerau“ alle Riedstädter Flüchtlinge und ihre Helfer in ihr Stockstädter Bootshaus eingeladen hatten.
Mein erster Besuch in der Unterkunft hat mich sehr beeindruckt. Ich kam mit meinem Fahrrad auf den Hof gefahren. Niemand der Bewohner kannte mich. Ich hatte mein Fahrrad noch nicht ganz abgestellt, da wurde ich von Faton, einem jungen Mann aus dem Kosovo, sehr freundlich begrüßt.
Ich bekam einen Stuhl und einen Kaffee und wir radebrechten in einer Mischung von Deutsch, Englisch und Händen und Füßen. Faton stellte mir mehrere Männer und Frauen vor, die mit ihm in der Gemeinschaftsunterkunft leben.
Ein kleines 8-jähriges Mädchen, Vaja, forderte meine kleine Tochter Antonia zum Ballspielen auf. Schon spielten 5 Kinder unterschiedlichen Alters und Nationen miteinander im sonnigen Hof. Mein erster „Arbeitseinsatz“ war somit eigentlich gar keine Arbeit, sondern ein angenehmer Nachmittag bei freundlichen Menschen.
Faton
In der ersten Zeit übernahm ich die Betreuung einer syrischen Mutter mit 5-jähriger Tochter.
Da Raghad gut Englisch spricht, war die Verständigung recht einfach. Wir gingen zusammen zum Arzt und erledigten Behördengänge. Ich zeigte ihr den Weg nach Groß-Gerau, damit sie im türkischen Supermarkt für den Rahmadan geeignete Lebensmittel einkaufen konnte. Wir trafen uns aber auch einfach auf einem Spielplatz.
Raghad, Rajan und Antonia
Unsere Mädchen spielten im Schatten, während wir Mütter über Gott und die Welt plauderten. Inzwischen ist Rahgad sehr selbständig und braucht meine Hilfe eigentlich nicht mehr.
Dennoch treffe ich mich ab und zu mit ihr, weil sie wie eine Freundin für mich geworden ist.
Im Moment ist mir eine Familie aus dem Kosovo sehr ans Herz gewachsen, die eine schwerstbehinderte Tochter haben.
Wir versuchen, so gut es geht, ihr Leid zu mildern. Wir entlasten die Eltern, indem wir das Mädchen zu einem Spaziergang abholen und uns mit ihr beschäftigen. Wir halten ihre Tränen aus, wenn wieder ein Krankenhausbesuch notwendig ist oder ein Behördenbesuch nicht so abgelaufen ist, wie gehofft.
Vanessa und Anna
Wir kümmern uns um ihre anderen beiden gesunden Kinder, die auch Aufmerksamkeiten brauchen. Wir beten für sie und hoffen für sie.
Frau Bertram, die einzige Hauptamtliche für Flüchtlingsarbeit in unseren Helfer-Reihen, unterstützt uns bei unserem Tun mit ihrer ganzen Kraft - und dass, obwohl sie für insgesamt ca. 300 Flüchtlinge hier im Kreis Groß-Gerau zuständig ist. Die junge Frau geht mit sehr viel Engagement ihrer Arbeit nach. Aber es war schnell klar, dass der Einsatz von uns Ehrenamtlichen dringend benötigt wird, um die vielfältigen Aufgaben zu bewältigen.
Hier in Goddelau leben z.Zt. 45 Menschen. Eigentlich wäre unsere Arbeit am besten zu bewältigen, wenn es pro Flüchtling/Familie einen Paten gäbe. Aber diesen „Schlüssel“ haben wir leider nicht. So helfen wir allen so gut wir können: Fahrten zum Schulamt, zum Sozialamt und Gesundheitsamt, Deutschunterricht, Fahrten zur Tafel und zur Kleiderkammer, Arztbesuche, Schul- und Kindergartenanmeldung, Telefonate mit Behörden. Aber es ist nicht nur Arbeit – wir bekommen sehr viel zurück.